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Die Beschreibung der beruhigenden Reihe durch Rudolf Steiner

1912 wird die beruhigende Reihe D-F-G-K-H von Rudolf Steiner an die 17jährige Lori Meier Smits unterrichtet. Hier der dazu von ihr notierte Originaltext.


Am (zweiten) Tag sprach Dr. Steiner weiter über Konsonanten als Reaktion auf äusseren Einfluss im Gegensatz zu dem ganz im Innern webenden und dieses Innere offenbarende Wesen der Vokale.

D

Er begann an diesem Nachmittag damit, eine bestimmte Aussenwelt zu schildern: «Stellen Sie sich eine sehr schöne friedliche Abendlandschaft vor. Nicht grandios, sondern weiche, sanfte Hügelketten. Im Hintergrund geht die Sonne eben zwischen zwei Hügeln unter. Ein paar weisse Wolken stehen ruhig, unbeweglich am Himmel und schauen auf ein liebliches Wiesental herab. Ein kleiner Bach fliesst leise wie ein Traum murmelnd dahin, Bäume und Sträucher stehen an seinem Uferrand und spiegeln sich in seinem stillen Wasser, Blumen blühen auf der Wiese, und auf den Hängen der Hügel stehen Obstbäume voll reifender Früchte. Vielleicht arbeitet dort in der Ferne auf einem der Hänge noch ein Mensch still und ruhig, eingehüllt in diesen Abendfrieden. Die Natur ruht ganz in sich geschlossen. Und durch dieses Tal gehen Sie, hingegeben und aufgenommen in diese ruhevolle Stimmung, und mit jedem Ding, sei es ein Baum, sei es die Sonne, die Wolken am Himmel, die Blumen und Sträucher der Wiese, der Bach an Ihrer Seite, der Mensch dort in der Ferne, die Früchte der Obstbäume, mit allem fühlen Sie sich eins und verbunden und grüssen jedes einzelne mit dieser Bewegung.»

Dann machte er eine unaussprechlich sanfte, leise sich senkende Handbewegung mit der nach unten gerichteten Handfläche, mehrmals hintereinander, immer wieder die sich entspannende Hand nach oben hebend, und dann wieder, bis in die Fingerspitzen eher gedehnt als gestreckt nach unten sich senkend. Es war wie ein Blatt, das sich von seinem Zweige gelöst hatte und wie von der Luft getragen, sich sanft zur Erde herabsenkte. «Das ist ein D. Lernen Sie es empfinden als Reaktion auf ruhenden äusseren Einfluss. Üben Sie es aus dieser Stimmung heraus und mit jedem: <Dies durch dich>, wenden Sie sich an ein anderes Ding in dieser Aussenwelt. Bis in die Füsse sollte man von der eben geschilderten Stimmung erfasst werden und versuchen, sie in der Art des Schrittes zum Ausdruck zu bringen.»

Zum Schluss erzählte Rudolf Steiner noch von der, von der unseren so verschiedenen Art des orientalischen Erziehers. Ruhig geht er neben oder hinter seinem Zögling, deutet auf alles, was um ihn herum ist, auf Stein, Pflanze und Tier, Berge und Meere, den Himmel mit allen seinen Lichtern und seinen Wolken, lässt ihn Sturm und Gewitter fühlen und erleben, und das einzige, was er tut, ist, er nennt seinem Zögling den Namen aller dieser Dinge. Er selber aber heisst: der Dada. «Und das ist auch ein D. Dies durch dich.»

F

Dann änderte sich seine Stimme, lebhaft sagte er: «Und nun stellen Sie sich vor, ein heftiger Windstoss stösst plötzlich in diesen Frieden hinein. Die Wolken verdunkeln die Sonne, der Bach schlägt Wellen, Bäume und Sträucher neigen sich tief ins Wasser, die Äpfel prasseln von den Bäumen, der Hut wird Ihnen vom Kopf geweht, und der Mensch dort oben winkt Ihnen aufgeregt zu. Lauter Fragen und Aufforderungen dringen Ihnen aus der eben noch so ruhevollen Aussenwelt entgegen. Hebe uns auf, bitten die Äpfel, hol mich wieder, ruft der Hut, komm mir nicht zu nahe, warnt der Bach, sorg, dass du unter ein schätzendes Dach kommst, will der Mann mit seinem Winken sagen. Und nun reagieren Sie mit der gleichen Bewegung, aber jetzt ganz energisch und elastisch.» Und wieder machte er die Bewegung vor, nach allen Seiten immer ein kurzes, energisches Herunter- und elastisch wieder Heraufschnellen. «Und so lernen Sie ein F empfinden, eine Reaktion auf auffordernden Einfluss. Für frohe Feste. Wieder versuchen Sie auch mit den Füssen zum Ausdruck zu bringen, dass Sie diese Aufforderung verstanden haben.»

G

Weiter aber sollte ich selbst versuchen, mir eine hässlicher, Ablehnung, Abscheu und ekelerregende, aber vorerst auch in sich ruhende Aussenwelt so bis in alle Einzelheiten auszumalen und vorzustellen, wie er diese erste, schöne, friedevolle, in sich ruhende geschildert habe. Auch in diese sollte man sich hereingestellt erleben, aber nur widerwillig und ungern einen Fuss vor den andern setzend, gegen jede dieser unverhüllt sich darbietenden Hässlichkeiten eine ruhige, aber deutlich abwehrende Handbewegung ausführen. «Lernen Sie G empfinden als abwehrende Reaktion.»

K

Und wird auch diese Aussenwelt durch irgend etwas aus ihrer Ruhe aufgescheucht und nimmt eine bösartige, bedrohliche Haltung an, dann muss sich diese Abwehr verstärken, kurz, aus dem G muss dann ein K werden, eine ähnlich zielgerichtetere Geste wie vorher bei dem F.
K steht zu G wie F zu D.

H

Doch wenn man wirklich bedrängt und angegriffen würde, dann sollte man sich mit einer energisch abstossenden Bewegung wehren. Mit einer H-Bewegung. «Und wenn etwas ganz Luziferisches kommt, dann dürfen Sie auch einmal so machen!» Und vergnügt lächelnd vollführte er mit seinem linken Bein einen recht kräftigen Tritt, anscheinend nach irgendeinem vorgestellten Ziel!

D F G K H

Dann klammerte Rudolf Steiner die fünf bis dahin erklärten und kurz notierten Laute D F G K H zusammen und sagte: «Wenn Sie später einmal mit Kindern oder Erwachsenen zu tun haben werden, die aufgeregt, unruhig und nervös sind, dann kann diese Lautfolge D F G K H eine beruhigende und lösende Wirkung ausüben.»

R

Nach der darauf folgenden Beschreibung von L M N P Q  sprach Rudolf Steiner noch über R, über dieses Mitgerissensein - wenn der Wind davonträgt. Natürlich konnte weder er noch ich es in dem kleinen Raum vormachen oder versuchen. Dr. Steiner betonte aber sehr deutlich, man müsse immer wieder versuchen, «den Moment zu erwischen, wo der Schritt übergeht in den Lauf».

R wirkt nun weder beruhigend noch anregend, aber neutral und bekräftigend und sollte darum jedes Mal nach einer solchen Lautfolge gemacht und geübt werden.

Denn «es bringt das ganze Vorhergehende in eine richtige Beziehung zu dem, was schon da ist». So hieß dieser Satz wohl wörtlich, über den viel nachzudenken ist, den man aber bei wiederholtem, aufmerksamem Tun doch leise an sich selbst erproben und erleben kann, wenn man nämlich immer wieder versucht, was Rudolf Steiner ganz zu Anfang gesagt hatte, das Herz in den Kopf zu nehmen.

Dann sprach er noch darüber, wie man zu einem realen Erleben der Konsonanten kommen könnte. Man sollte sie wirklich draußen in der Natur, die er an diesem Tage immer wieder angeführt und geschildert hatte, intensiv erleben. Er sagte: «Gehen Sie hinaus und lassen Sie sich wirklich einmal vom Wind im R davontragen. Sehen Sie, wie Schilf oder Getreide, wie Strauch und Baum vom Wind hin- und hergeweht werden. Versuchen Sie, all diese Bewegungen mitzumachen, denn auch stehend kann man Mitgerissensein erleben. Oder gehen Sie einen steilen Abhang hinunter und spüren Sie, wie Sie ins Laufen kommen. Auch da ist R.»


Aus GA 277a: Entstehung und Entwicklung der Eurythmie, Dionysischer Kurs, 17. September 1912